Die 5. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch galt lange Zeit (und auf den ersten Blick) als „schöpferische Antwort eines Sowjetkünstlers auf gerechte Kritik“. Ihr vorausgegangen war die buchstäblich lebensbedrohliche Kritik an Schostakowitschs ‚formalistischer‘ Klangsprache, die ‚Chaos statt Musik‘ sei. Die Fünfte war vordergründig eine Hinwendung zu den Idealen des sozialistischen Realismus, doch der ambivalente letzte Satz ist viel weniger ein Triumphmarsch als ein bitterer Todesmarsch. Anders seine Neunte: Hier war der Affront vorprogrammiert. Statt der erwarteten Siegessinfonie zur Glorifikation des großen Feldherren Stalin, schrieb Schostakowitsch ein formal streng klassisches, inhaltlich sarkastisch übersteigertes Werk, das trotz der fünf Sätze eine seiner kürzesten Sinfonien wurde.