Claudio Arrau war einer der Pianisten mit dem größten Repertoire und einer der fleißigsten Virtuosen der Welt: Geradezu unermüdlich bereiste er die Kontinente. Seine Schumann- und Brahms-Aufnahmen zeigen einen bedachtsamen, sozusagen in die musikalische Breite navigierenden Pianisten, eine Außergewöhnlichkeit, gerade bei diesem Repertoire. 66 Jahre alt war Arrau bei der Aufnahme des Klavierkonzertes Nr. 2 in B-Dur von Johannes Brahms. Nach dem metallisch-mächtigen Beginn schichtete er mit stählerner Entschlossenheit Akkord auf Akkord und trillerte triumphierend-siegessicher am Ende des Kopfsatzes. Dämonisches Feuer entfachte er im wilden Reigen des Scherzos, berückend zarten Klangzauber entfaltete er im träumerischen Adagio, formte mit hellstem Bewusstsein einen entrückten Dämmerzustand. Mit grandioser und bezwingender Grandezza und absolut genau phrasierend gestaltete Arrau den dunkel-dämonischen Beginn des ersten Brahms-Klavierkonzertes, den Eliahu Inbal mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR episch breit entfaltet. 77 Jahre alt war Claudio Arrau bei der Aufführung der beiden Beethoven-Klavierkonzerte Nr. 3 und 4 an einem Abend, an dem das SWR-Orchester von Gary Bertini geleitet wurde. Mit majestätischer, aber immer energie-gespannter Gelassenheit ordnet Arrau alles architektonisch in den sinfonischen Gesamtbau ein und legt Beethovens motivische Kleinarbeit dar, es gibt keine Floskeln, keine bloßen „Nebensächlichkeiten“.