Wenn sich ein Orchester der Musik Schostakowitschs annimmt, muss es das Spannungsfeld der Doppelbödigkeit in der Musik Dmitri Dmitrijewitschs abbilden können: Vordergründig ist „Das Jahr 1905“ ein ‚Film ohne Bilder‘ über die Ereignisse am „Petersburger Blutsonntag“, darunter liegt allerdings die Tragik der Lebenswirklichkeit des Komponisten. Als die Sinfonie 1957 uraufgeführt wurde, war die blutige Niederschlagung des Aufstands in Ungarn 1956 erst einige Monate vergangen. Alle Hoffnung auf eine Demokratisierung der Verhältnisse in der Chruschtschow-Ära wurden mit einem Schlag zunichtegemacht. Das SWR Symphonieorchester belegt, dass es zu den sensibelsten und klangstärksten Orchestern in Deutschland gehört. Der Fachmann für spätromantisches und modernes Repertoire Eliahu Inbal treibt das Orchester in diesem dramatischen Kampf zwischen Unterdrückung und Befreiung unablässig an.