Der gesamte Ausdruck „Provokation“, verstanden als einladende Herausforderung zu bewusstem, verinnerlichtem und individuellem Hören ohne Scheuklappen, war der Beweggrund für diese langfristig konzipierte Edition mit Symphonien von Johannes Brahms und Antonin Dvorak durch die Bamberger Symphoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Jakub Hr?ša. Die Gegenüberstellung in einer Edition ermöglicht einen neuen Blickwinkel auf die Werke der in einmaliger Freundschaft verbundenen Genies der Romantik. Es wird unüberhörbar, dass die beiden letzten Symphonien von Brahms und Dvorak mehr als die Tonart gemeinsam haben, gleichzeitig erkennt man aber auch die erhellenden Unterschiede viel prägnanter. So wird die Begegnung mit diesen Meisterwerken ein bereicherndes und intellektuelles Hörabenteuer, bei welcher die Begeisterung, das Staunen und die Freude nicht zu kurz kommen.
Seit vielen Jahren ist die Diskussion über die historische Aufführungs- und Besetzungspraxis ein Dauerbrenner, zuerst in der Alten Musik, dann in der Klassik und seit kurzem in der Romantik. Die dadurch gewonnene Auffächerung hat die Interpreten von einigen Fesseln befreit, auch wenn man feststellen muss, dass ein weites Feld von dogmatischen Missionaren beackert wird.
Die diskografische Produktion der Bamberger Symphoniker war schon immer von Offenheit und Risikobereitschaft geprägt, es sei z.B. nur an den wegweisenden Mahler-Zyklus oder die Gesamtaufnahme der Schubert-Sinfonien erinnert, welche mit Werken von Berio, Rihm, Widmann und weiteren Komponisten der Neuen Musik gegenübergestellt wurden. Bei der aktuellen Produktion mit den beiden letzten Sinfonien von Johannes Brahms und Antonin Dvo?ák kann von Konfrontation keine Rede sein. Viel zutreffender ist die Vokabel Provokation, welche mit dem bejahenden „Pro“ beginnt – noch aussagekräftiger ist aber das Wort „Vokation“ im Sinne von Berufung, das bei diesem Repertoire mit den Bamberger Symphonikern und Jakub Hr?ša guten Gewissens verwendet werden darf.