Im Laufe der Musikgeschichte entwickeln einige Werke eine Art Eigenleben und entfernen sich durch veränderte Aufführungstraditionen von der ursprünglichen Vorlage. Auch dem berühmten "Deutschen Requiem" von Johannes Brahms ist es so ergangen: Es wurde gekürzt, die Satzreihenfolge wurde umgestellt, die Besetzungsgröße wurde geändert, usw.
Paavo Järvi wollte in seiner Interpretation bewusst zurück zum Urtext und hat sich auf Quellensuche begeben. Dabei herausgekommen ist eine merklich reduzierte Besetzungsgröße des Orchesters, das in Järvis Wiedergabe nun wieder der von Brahms vorgeschriebenen Besetzung entspricht, so wie bei der Uraufführung des Stücks 1868 im Bremer Dom. Und ebendort, wo dieses Schlüsselwerk der deutschen Romantik erstmals erklang, dirigierte Järvi das Stück zum Jubiläum des 100. Jahrestags der Uraufführung erneut. Mit der Bremer Kammerphilharmonie stand ihm ein hervorragendes Orchester zur Verfügung, mit dem Järvi schon oft erfolgreich zusammengearbeitet hat.
Mit Matthias Goerne und Valentina Farcas waren zudem zwei exzellente Künstler an der Aufführung beteiligt, die für sich historischen Status beanspruchen kann. Järvi stellte im Zuge des "Nachbaus" der Uraufführungsumstände auch die originale Anzahl und Reihenfolge der Sätze des Deutschen Requiems wieder her. Musikgeschichte zum Klingen gebracht: Faszinierend!