Walter Braunfels zählt zu den Komponisten deren Musik zweimal starb. Einmal als die Nationalsozialisten ihre Kunst als „Entartet“ deklarierten. Und nochmals als der „aesthetische Paradigmenwechsel“ (Udo Zimmermann) nach dem Zweiten Weltkrieg die zeitgenössische tonale Musik an den Rand drängte.
Die bereits siebte Veröffentlichung von Capriccios Braunfels-Edition zeigt abermals das breite Spektrum von Walter Braunfels’ farbenprächtiger Musik. Sie widmet sich diesmal dem jugendlichen, stürmischen Orchesterwerk der Fantastischen Erscheinungen über ein Thema von Hector Berlioz op. 25 – hier vorliegend als Weltersteinspielung des kompletten Werks – sowie seiner letzten rein sinfonischen Komposition, der Sinfonia brevis op. 69 (1948).
Im Gegensatz zum Titel handelt es sich mit einer Spieldauer von mehr als einer halben Stunde dabei um eine durchaus ausgewachsene Sinfonie. Das Stück, das diskografisch zu den ausgesprochenen Braunfels-Raritäten gehört, entpuppt sich als die Quintessenz von Braunfels' sinfonischem Stil und beeindruckt durch einen teilweise packend modernen Zugriff, wie man es von diesem Komponisten, einem der letzten Vertreter progressiver Spätromantik, vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte.