Sir Neville Marriner hatte als Chefdirigent des Radiosinfonieorchesters Stuttgart 1983–1989 und damit als Nachfolger des genialen Charismatikers und Klangfanatikers Sergiu Celibidache keine einfache Aufgabe, aber er setzte in seinen Stuttgarter Jahren ganz eigene, deutlich kontrastierende Akzente: Marriners Orchesterideal war weniger der akribisch modellierte Klang, sondern es ging ihm vor allem um Leichtigkeit, Virtuosität und Flexibilität, im Duktus eher agil als forschend.
Diese Zusammenstellung von Marriners Stuttgarter Aufnahmen bietet ein Repertoire, welches viele Musikliebhaber nicht unbedingt mit Marriner assoziieren: Deutsche und russische Romantik, sämtliche Beethoven-Ouvertüren, alle Schumann-Symphonien, Tschaikowsky und Rachmaninow sowie Schlaglichter des 20. Jahrhunderts von Gustav Mahler über Béla Bartók, Benjamin Britten und Arthur Honegger bis hin zu George Gershwin – stets erklingt frisches, äußerst sympathisches Musizieren.
Dabei fällt auf, dass Marriner nicht einfach versucht hat, den schlanken Klang seiner Academy of St Martin-in-the-Fields auf ein deutsches Rundfunkorchester zu übertragen, sondern er hat mit dem Stuttgarter Klangkörper einen dezidiert eigenen Sound kreiert, lange bevor einer von Marriners Nachfolgern, Roger Norrington, den "Stuttgart Sound" zur Marke aufblies – Ein Aspekt, der bis heute nur wenig gewürdigt wurde, gerade in der Gesamtschau der "Stuttgarter Jahre" Marriners aber frappierend ins Auge springt und beeindruckt.