„Médée“, eine Tragödie bestehend aus einem Prolog und fünf Akten auf ein Libretto von Thomas Corneille, war die erste und letzte Zusammenarbeit von Marc-Antoine Charpentier mit der Académie Royale de Musique. Das Werk wurde am 4. Dezember 1693 uraufgeführt, als Charpentier genau fünfzig Jahre alt war und sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere befand. Ludwig XIV. war bei der Aufführung anwesend, was beweist, dass es sich um ein mit Spannung erwartetes Ereignis handelte. Doch dieses düstere Drama, das das Publikum verstörte, wurde nach nur zehn Aufführungen zurückgezogen und erst 1976 wieder aufgeführt. Als Spezialist für das französische Repertoire und enger Mitarbeiter des Centre de musique baroque de Versailles, wo er seit 35 Jahren alle Fortschritte in der Forschung und der historischen Aufführung verfolgt, hat sich Hervé Niquet bei der Präsentation dieser neuen Médée darum bemüht, alle heute verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse gewissenhaft zu berücksichtigen.