Leonard Bernstein dirigierte seit den 1980er-Jahren regelmäßig in München. Damals lernte er besonders das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks schätzen und lieben. Nach einem Engagement im Oktober 1976, als Bernstein mit einem ausschließlich Beethoven gewidmeten Programm auftrat, setzte 1983 die Reihe alljährlicher Konzerte ein. Im November jenes Jahres studierte er Robert Schumanns zweite Sinfonie und das eigene Divertimento (1980) ein, die im Herkulessaal der Münchner Residenz zur Aufführung gelangten. Das vorliegende Album präsentiert den Live-Mitschnitt dieses Konzertereignisses. Robert Schumanns zweite Sinfonie aus dem Jahr 1845 wird immer wieder als noch unausgereift und verbesserungswürdig empfundene und der Komponist selbst bekannte, dass er es in gesundheitlich angegriffener Lage geschrieben habe. Beide Sachverhalte griff Joachim Kaiser in seiner Konzertkritik für die Süddeutsche Zeitung auf: ‚Was hat denn nun Bernstein anders gemacht, um dieses Gelehrten-Gerede zum Schweigen zu bringen, zumindest für alle diejenigen, die das Glück hatten, seinem Schumann zu lauschen? Bernstein hat nicht nur, was keine Kunst ist, an Schumanns Melodien geglaubt, sondern voller Inständigkeit an die großen symphonischen Entwicklungsbögen des Werks. Und weil er die Musiker des glänzend disponierten Bayerischen Rundfunk-Symphonieorchesters natürlich, frei und bei alledem höchst differenziert zu befeuern vermochte, stellte sich Schumanns Kraft her!‘ Bernsteins 1980 zum 100. Geburtstag des Boston Symphony Orchestra komponiertes Divertimento besteht aus acht Miniaturen, die aus dem Halbtonschritt H – C entwickelt sind. Es beginnt mit einer Fanfare und wandert unter anderem über einen Walzer, eine Mazurka, einen Samba und einen Blues hin zu einem Marsch mit Reminiszenzen an den „Radetzky-Marsch“. Die Musik ist jazznah, synkopenverliebt, wartet mit ungewöhnlichen Taktarten und tänzerischem Schwung auf. Er verarbeitet daran auch Erinnerungen an seine ersten Konzerte mit populärem Programm, die er als Kind zusammen mit seinem Vater in der Symphony Hall von Boston besucht hatte.