Anna Bonitatibus ist eine der erfolgreichsten Mezzosopranistinnen. Auf ihrem neuen Album mit dem Titel en travesti präsentiert sie – zusammen mit dem Münchner Rundfunkorchester unter Leitung von Corrado Rovaris – die bekanntesten Arien, die in den vergangenen 300 Jahren für Frauen geschrieben wurden, die auf der Opernbühne in Männerrollen auftreten: sogenannte Hosenrollen.
Die fünfzehn Arien beginnen bei Händel und Vivaldi, reichen über Gluck und Mozart, die Italiener Rossini, Bellini und Donizetti sowie die französischen Opernkomponisten Meyerbeer, Offenbach und Massenet, die Veristen Mascagni und Puccini bis hin zu Ravel und Richard Strauss; das Programm schließt mit einem Song aus dem Filmmusical Victor/Victoria.
Die Hosenrolle – die in Männerkleidung auftretende Frau – war und ist eine beliebte Erscheinung des Sprech- wie des Musiktheaters. Dass damit allmählich bloß die für Kastraten geschrieben Partien ersetzt worden wären, nachdem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts deren Tradition endete, wird immer wieder angemerkt, ist aber nicht korrekt. Auch zu Zeiten der Kastraten wurden Männer immer wieder von verkleideten Frauen dargestellt, diese Partien von berühmten Sängerinnen interpretiert. Anna Bonitatibus singt auf ihrem Album ausschließlich Arien, die ursprünglich für Frauen geschrieben wurden; sie eröffnet damit einen anderen, neuartigen Blickwinkel auf die Hosenrolle und erlaubt Höreindrücke von großartigen und ungemein abwechslungsreichen musikalischen Nummern aus drei Jahrhunderten Musik- und Operngeschichte. Ein Konzept, das überzeugt und Freude bereitet.
Die Studioaufnahmen des Bayerischen Rundfunks entstanden im Sommer 2016 und werden nun bei BR Klassik veröffentlicht.