Bei Nikolaus Brass wirkte die ‚konkrete Konfrontation mit der existenziellen Zerbrechlichkeit des menschlichen Daseins, mit Aufbruch und Glück, aber auch Schmerz, Siechtum und Tod … wie ein Kompass bei der Suche nach Ausdruck.‘ Charakteristisch für seine Musik wurden ‚fließende Zeitprozesse, Fragen von Ordnung und Störung, das Abtasten der akustischen Außenfläche nach dem, was sie als Widerhall in sich birgt sowie Aspekte der menschlichen Existenz‘ in einem ‚permanenten Kreisen von Verlieren und Wiederfinden.‘ Auf dem vorliegenden musica-viva-Album sind drei seiner Kompositionen zu erleben, die zwischen 2012 und 2023 entstanden sind. „In der Farbe von Erde“ – Musik für Viola, 44 Streicher und zwei Schlagzeuger wurde am 17. Februar 2023 mit Tabea Zimmermann (Viola) und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Leitung von Vimbayi Kaziboni uraufgeführt. Das Werk ist ein Kompositionsauftrag der der musica viva des Bayerischen Rundfunks. Der Titel der Komposition bezieht sich auf einen kurzen Text des französischsprachigen Schweizer Lyrikers Philippe Jaccottet (1925–2021). „Der goldene Steig“ – Eine Erzählung für Sopran und Orchester auf einen Text von Peter Kurzeck. Der vierte Teil aus dessen Romanzyklus „Das alte Jahrhundert“ mutet impressionistisch an und diente als Stimmungsgemälde für Brass‘ Klangfantasien. Neben dem reichhaltigen besetzten Schlagwerk trägt auch das gesamte Orchester mit akribisch vorgeschriebenen Klopf- und Klapperanweisungen zur Geräuschentwicklung bei. Das Werk entstand als Kompositionsauftrag der musica viva des Bayerischen Rundfunks und wurde am 16. Dezember 2016 mit Sarah Maria Sun (Sopran) und dem BRSO unter Leitung von Peter Rundel uraufgeführt. Auch Brass‘ „Der Garten“ – Musik für Orchester mit vier obligaten Männerstimmen (Vokalisen) entstand im Auftrag der musica viva des Bayerischen Rundfunks. Die Uraufführung mit den Neuen Vocalsolisten Stuttgart und dem BRSO unter Leitung von Péter Eötvös fand am 16. Juni 2012 statt. Nikolaus Brass studierte Medizin sowie Komposition in München und Berlin und bei Helmut Lachenmann in Hannover. Seit 1981 werden seine Werke regelmäßig bei Festspielen aufgeführt. Neben seinem Brotberuf als Mediziner, den er lange Zeit ausübte, komponierte er zahlreiche Werke, unter anderem im Auftrag für verschiedene namhafte Orchester.