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Charles Ives war ganz ohne Frage sozusagen der Urknall der US-amerikanischen Musikmoderne. Komponisten von Copland über Bernstein bis John Adams sahen bzw. sehen in ihm ihren musikalischen Stammvater. Charles Ives experimentierte zu einer Zeit mit Avantgarde-Techniken wie Cluster und Polyrhythmik, als in Europa Johannes Brahms seit Spätwerk komponierte. Accentus hat zwei aufsehenerregende Produktionen in einer Doppel-DVD/-Blu-ray zusammengefasst: Einerseits ist da die hochgradig aufschlussreiche und spannende Filmdokumentation „Unanswered Ives“, die sowohl dem ungewöhnlichen Leben dieses Komponisten nachgeht, der im Hauptberuf Amerikas wohlhabendster und einflussreichster Versicherungs-Tycoon war und dessen Musik niemand Geringeres als Igor Strawinsky als „genial“ bezeichnete, als auch den Ursprüngen von Ives‘ eigenartigem musikalischen Personalstil. Dabei gibt es Interviews mit Komponisten wie Pulitzerpreisträger John Adams, Leonard Bernstein, einflussreichen Ives-Interpreten sowie mit Nachkommen der Familie Ives, die aus ihren Erinnerungen an Charles Ives aus erster Hand berichten. Andererseits gibt es ein musikalisches Spektakel zu sehen und zu hören: Der Versuch einer Aufführung von Charles Ives „Universe Symphony“. Der Komponist hinterließ dieses Werk, das den Kosmos in Musik nachbilden sollte, als Fragment von ungeheuren Ausmaßen. Für eine Aufführung nach Ives‘ Vorlage wären 4250 Musiker notwendig. Das Werk galt deshalb lange Zeit als unaufführbar und als quasi „theoretische Musik“. Doch bei der Ruhrtriennale 2018 wurde eine Aufführung versucht, deren Entstehung und Darbietung im Rahmen dieses preisgekrönten Projekts von Christoph Marthaler, Titus Engel und Anna Viebrock nachzuvollziehen ist und die weitere Stücke aus Ives‘ Œuvre inkorporiert.