Samson François war ein Enfant terrible der Klaviermusik der 1950er- und 1960er-Jahre und galt gemeinhin als "der französische Glenn Gould". Seine einmalige Interpretationskultur, extravagant und zum Teil durchaus auch exzentrisch, veranlasste Musikkritiker zu der Bemerkung, das Spiel François' sei genauso wirr wie seine Frisur. Beim Publikum sah das Bild anders aus: François hatte etliche Fans auf der ganzen Welt, und seine bedauerlich wenigen Tondokumente (vor allem von Werken Frédéric Chopins) gelten seinen Anhängern bis heute als veritable Kulteinspielungen eines früh verstorbenen Genies, einem der wenigen echten Individualisten der Klavierwelt. Sind schon seine Studioaufnahmen nicht eben zahlreich, so gelten Live-Dokumente dieses Pianisten als begehrte Raritäten. Grund genug zum Jubeln also für alle Klaviermusik-Fans, denn diese Aufnahmen aus dem Archiv des SWR zeigen die ganze Bandbreite dieses hochinteressanten Pianisten, von Mendelssohn über Chopin bis hin zu Debussy und Prokofiew. Dabei nehmen die energiegeladenen Aufführungen von Chopins zweiter Sonate und Prokofiews siebter Sonate den Kern dieses raren Livedokumentes ein, das François so zeigt, wie ihn seine Fans lieben: Wild, ungezügelt, leidenschaftlich und eigensinnig. Grandios!